Kein Bisschen Weise

Es heißt doch: Alter schützt vor Torheit nicht! Seit vielen Jahren habe ich nicht mehr gestrickt. Selbstgestricktes ist wieder sehr modern, also beschließe ich, eine Jacke anzufertigen. Eine Strickjacke in Patchwork-das wäre doch mal was! Verschiedenfarbige Wolle kaufen und ein Muster finden, ist kein Problem für mich. Eine erfahrene Strickerin warnt mich, dass mein Modell ein gewisses Können verlangt. Das macht nichts, denke ich, es steht ja alles in der Anleitung. Ich finde es sinnvoll, am Abend beim Fernsehen zu stricken. Kreativ sein macht bekanntlich zufrieden und glücklicher. Bei den ersten Reihen bin ich es auch! Aber so viel ich auch probiere, ich bekomme den Wechsel von einer Farbe zur anderen nicht hin. Jedes Mal entsteht ein Loch. Ich lass mir die Technik zeigen, aber die Löcher bleiben. Paul wundert sich, dass ich immer wieder von vorne beginne! Das ist wohl meine Sache, hört er mich sagen. So entschließe ich mich, statt der Jacke eine Weste zu stricken. Am einfachsten ist ein Streifenmuster. Die Arbeit geht nun besser voran, obwohl ich auch einge Male von vorne anfangen muss. Einmal ist das Rückenteil zu groß, dann wieder fallen mir Maschen runter. So richtig will mir das Ganze nicht gelingen. Das Licht ist viel zu dunkel, schimpfe ich. Ich brauche auch eine neue Brille! Aber je ähnlicher mein Gestricktes einer Weste wird, je zufriedener bin ich mit mir. Endlich kann ich die Vorderteile an den Rücken nähen, mit schnellen und festen Stichen. Kaum fertig, entdecke ich, dass ich das Loch für die Ärmel zugenäht habe! Fehler entstehen in der Eile! Also schnell wieder aufgetrennt, denn meine Weste muss heute fertig werden! Dazu benutzt man am besten eine spitze Nagelschere, denn ich habe sehr eng und fest genäht. Es gelingt mir nur mit Mühe, die beiden Teile wieder zu trennen. Ich sehe voller Schrecken, dass ich mehrere Löcher eingeschnitten habe.Wieder habe ich etwas nicht in Ruhe gemacht! Also müsste ich den Rücken und ein Vorderteil noch mal halb aufribbeln. Und neu stricken! Die Freude am Stricken ist mir erst mal vergangen. Paul staunt nicht schlecht, als ich alle drei Teile nehme und in den Kaminofen stecke. Er meint: "Warum denn das?" "Ich brauche eine neue Lesebrille und Westen habe ich genug. Das nächste Mal stricke ich für dich Socken und eine Zipfelmütze", antworte ich schlecht gelaunt. Oder ich backe einen Kuchen, das ist auch kreativ. Ein Unglück kommt selten allein, heißt es. Ein paar Tage später koche ich Reis für die Hunde. Ich setze mich einen Augenblick ins Zimmer, denn im Fernsehen läuft die Sendung "Bauer sucht Frau". Das ist witzig, also vergesse ich meinen Reis! Als er mir einfällt,ist die Küche blau, undurchsichtig und es stinkt.Vor lauter Schreck nehme ich den Topf und stelle ihn auf die Arbeitsplatte, neben den Wasserhahn. Schnell noch die Fenster auf, um nicht zu ersticken! Ich höre es prasseln und knistern aus dem Reistopf. Das ist ja lustig, denke ich. War's aber nicht, denn das Knistern war das Ansengen der Arbeitsplatte durch den fast glühenden Topf. Genau an der Stelle prangen nun drei hässliche braune Flecken- ein Mahnmal für Paulines Unachtsamkeit. (Pauls Kommentar!) Der Reis war aber kaum angebrannt, die Hunde haben ihn mit einer Büchse Fleisch gierig verschlungen. Die Brandflecke will Paul "wegzaubern". Er sagt, er wüsste schon wie! Wenn ich es recht bedenke,bin ich doch ein "wenig weise",weil ich am Ende über mein Missgeschick lachen kann!
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